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Diktaturen sind keine Vergangenheit

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Das Leben in einer Diktatur wie der DDR mag Geschichte sein, in anderen Ländern ist es aktuelle Realität oder unmittelbare Drohung. An der Fritz-Winter-Gesamtschule spannte Zeitzeuge Thomas Lukow, der in der ehemaligen DDR Jazz-Konzerte organisierte, aber auch wegen des „Verdachts der versuchten Republikflucht“ im Gefängnis saß, bei Vorträgen und Diskussionsrunden mit Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 10 bis 13 sowie Eltern immer wieder einen Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Beeindruckend war dabei die Fülle an Materialien, die Lukow aufbot, um das Leben in der DDR 27 Jahre nach deren Ende sichtbar werden zu lassen. Neben Fotos aus privaten Fotoalben, kurzen Filmen oder Zeitungsauschnitten hatte er auch Kopien von Akten der Staatssicherheit dabei.

Autobiographisches rückte in den Mittelpunkt, wenn der 1959 in Potsdam geborene Thomas Lukow zum Beispiel über seine Kindergartenzeit erzählte. Den Mythos der heute oft verklärten „Rundumversorgung“ in den DDR-Kindertagesstätten konterkarierte er mit Bildern von großen Kindergruppen beim Essen oder dem gemeinsamen „Zwangsmittagsschlaf“. Schon im Kindergarten habe die Indoktrination des Staates eingesetzt, sei etwa alles Militärische überbetont worden, erinnerte sich Lukow und zeigte Fotos von Spielplätzen mit Kinderpanzern. In der Schule habe sich dies fortgesetzt – etwa bei Matheaufgaben mit Kanonen und Soldaten.

Im Gegensatz dazu sei jeder, der nicht in das offizielle Schema des „Arbeiter- und Bauernstaates“ passte, systematisch verfolgt worden. So seien „Langhaarige“ in der DDR verhaftet worden. Deshalb habe sich in der Jugendkultur auch die Kanüle als heimliches Protestsymbol durchgesetzt. Motto: „Ich lass‘ mir den Sozialismus nicht einimpfen.“

Lukow, der selbst von 1981 bis 1983 in Bautzen und Hohenschönhausen inhaftiert war, berichtete auch darüber, wie sehr die Stasi in das Leben und Miteinander der Menschen eingegriffen habe. „Es gab auch die gegenseitige Bespitzelung von Freuden, die sich nichts darüber erzählt haben.“

„Unsere Schülerinnen und Schüler waren sehr beeindruckt von der Vergegenwärtigung der DDR-Zeit“, meinte Oberstufenleiterin Claudia Wilmer nach Abschluss der Projekttage. Beeindruckt wären diese aber auch davon gewesen, welch kritischer Geist Lukow auch heute noch ist. Claudia Wilmer: „Wie offen er die heutige Linke kritisiert, dass hat einige Schülerinnen und Schüler überrascht.“

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