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„Wie sehen wir uns selber?“

Prominenter Besuch an der Fritz-Winter-Gesamtschule am Tag des Novemberpogroms: Vor den Geschichtskursen der Oberstufe referierte Professor Peter Longerich zum einen die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland, zum anderen aber auch den Zusammenhang zwischen Judenfeindlichkeit und nationaler Identität. „Es geht nicht nur darum, wie wir die Juden sehen. Wie sehen wir uns selber?“, fragte Longerich die rund 180 Schülerinnen und Schüler im Forum der Gesamtschule.

Als „zweifellos einen der Experten für die Zeit des Nationalsozialismus“ hatte zuvor Geschichtslehrer Rainer Legant den Besuch aus München angekündigt, der dank der Unterstützung des „Forums Brüderlichkeit“ und begleitet von Volkshochschule und Volksbund an die Schule kam. Longerich lehrte an Universitäten und Forschungseinrichtungen unter anderem in München, Washington und London, verfasste  Biographien etwa zu Hitler, Goebbels oder Himmler und ist Mitherausgeber der „Enzyklopädie des Holocausts“.

Vor den Schülerinnen und Schülern aus den Jahrgängen 11 bis 13 arbeitete Longerich zunächst die religiös motivierten Ursprünge des Antisemitismus im Mittelalter heraus, um dann den Antisemitismus im deutschen Kaiserreich zu erläutern. Parallel zur Entwicklung einer deutschen Identität auf der Grundlage von Sprache, Kultur und Abstammung sei das damals so genannte „Judenproblem“ entstanden. „Die Juden gehörten nicht dazu, waren nicht Teil der Nation“, so Longerich. Und diese Sicht sei eben zu oft immer noch aktuell. „Je mehr wir uns mit unserem Land identifizieren, je mehr beruht das darauf, dass wir jemanden ausschließen“, so Longerich. Es seien eben unterschiedliche Konzepte, ob man die Geburt oder die gemeinsame Auffassung über eine Lebensweise als Grundlage einer nationalen Identität nähme.

Gegen Ende seines Vortrages nahm Longerich auch den Geschichtsunterricht in den Blick. Inwieweit, so seine Frage an die anwesenden Lehrkräfte, werde darin die Verbindung zwischen Antisemitismus und einer Ablehnung der aktuellen Politik Israels thematisiert. Eine Frage, die auch den Umgang mit den unterschiedlichen Identitäten an einer Schule der Vielfalt, wie sie die Fritz-Winter-Gesamtschule ist, in den Mittelpunkt rückte und Gesprächsbeiträge der Schülerinnen und Schüler provozierte.

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